Vieles Unmögliche hat der Fußballkonsument in den letzten Jahren zu verdauen gehabt -
immer spielte irgendwie der Name SG Eintracht Frankfurt ein Rolle. Aber was an diesem 25.Mai 2003
im Waldstadion zu Frankfurt passierte sprengt alle Rahmen. Und mir fehlen nach einer Woche immer
noch die Worte alles zu beschreiben. Zu tief und fest sitzen die Erinnerungen.
Zu allererst erinnere ich mich an die Zeit damals während der Fußball-WM 2002. Eintracht
Frankfurt hatte eine beschissene Saison in Liga 2 gespielt, plante konzeptlos vor und dann kam der
Schlag: keine Lizenz für die DFL in der neuen Saison. Und man jubelte, intrigierte und publizierte. An
der Spitze standen damals (ohne heute Namen zu nennen) Leute von Unterhaching (klar - man hätte
in der 2.Liga bleiben können) und Mainz 05, die wären endlich Nummer 1 in Rhein-Main. Ein
ordentliches Gericht schuf ordentliche Verhältnisse.
Und Eintracht Frankfurt startete in die neue Saison furios. Nach drei Spielen drei Siege und
neun Punkte. So ungefähr ging’s weiter. Immer eine Mannschaft, die auswärts so was von clever
spielte, diszipliniert, genauso wie ihr Chef – Willi Reimann. Kurioserweise stand man plötzlich ganz
oben, eine Mannschaft aus dem Nichts – die Sensation schon im Herbst des deutschen Fußballs.
Dazu kam noch der Umbau des Waldstadions. Kurz davor schlug man noch die Mainzer und stand auf
einem Aufstiegsplatz.
Wer hatte denn überhaupt zum Jahreswechsel den Begriff Aufstieg in den Mund
genommen – es verbot sich. Der Beweis waren ja dann auch die Resultate der SGE im Frühjahr,
obwohl der obligatorische Frühjahrscrash im Verein ausblieb. Irgendwie war man dran. Dann kam es
zum Derby in Mainz. Die vergebenen Matchbälle in zwei Heimspielen hintereinander der SGE sind
hier mal übersehen.
Die Leute vom Bruchweg ließen sich was ganz Hübsches einfallen – kauft Karten, steht an
– aber nur wenn ihr andere Spiele mitkauft. Nach Frankfurt gingen nur die obligatorischen 1800
Tickets. Getäuscht, Herr Heidel – Eintracht-Fans sind die besten der Liga und waren zu 7000 im
Mainzer ständig Rosenmontagsspielplatz. Mit drei Torwächterfehlern, einem Selbst- und einem
Abstaubertor in der Nachspielzeit gewann 05 endlich mal ein Derby.
Genau dieses Spiel war der Knackpunkt. In Mainz feierte man – in Frankfurt wurde man
nüchtern. Auf der einen Seite war es der Sieg der Vereinsgeschichte, auf der anderen eine
Herausforderung. Drei Siege und wir steigen auf…! Eintracht gewann gegen Mannheim 4:1 und Mainz
innerhalb der 90.Minute in Ahlen schmerzlich 3:4. Derbysieg voor de Katz….
Am vorletztem Spieltag dann das Ausscheiden der Fürther, dafür gewann man in der
Woche gegen die Bayern in Freundschaft. Aber die Fasenachshochburg Mainz fightet – 5:1 gegen
Lübeck, beim letzten Tor (wieder Nachspielzeit) jubelte Marco Rose mit seinem „Leipzig 2012“ Shirt.
Genau und genau so gewann die SGE in Oberhausen vor mitgereisten 8000 Frankfurtetern mit 2:0.
Was soll das geben.
Highnoon am 25.Mai 2003 – genau vor fünf Jahren stieg die SG Eintracht Frankfurt nach
einem 2:2 gegen Mainz 05 in die Bundesliga auf. Was sollte nun noch schief gehen. Zumal Mainz in
Braunschweig ziemlich hoch gewinnen müsste und im Waldstadion dagegen eine Riesenkulisse
stehen würde. Und so ging es los – die Frankfurter führen nach drei Minuten. Aber Mainz setzt nach.
Kein Mensch hatte diese Leistung der Klopp(er)-Truppe erwartet.
Zur Halbzeit war Frankfurt aufgestiegen und keiner glaubte an einen weiteren
fußballerischen Orgasmus von M105 namens Benjamin Auer. Keiner hatte ihn eingeplant, außer sein
Trainer Klopp. Super. Mainz schoss sensationell die Tore in Braunschweig – man lag 4:0 vorn. Und in
Frankfurt glich der Gegner zum 3:3 aus. Ende. Ich drehte mich rum, hörte nur noch die
Rundfunkreportage. Es waren noch zehn Minuten….
Gerade dann wenn man aufgibt gibt es diese Sensationen in Frankfurt – wie war das am
29.Mai 1999 mit dem 5:1 – und die Sekunde heute als das 4:3, das 5:3 und um 16.48 Uhr das 6:3
durch unser Frankfurter Bub Alex Schur fiel. Es waren Minuten, Ereignisse, wie ich sie nie extremer im
Fußball erlebt hatte. Unbegreiflich, unfassbar, Waaaahnsinn…. !
Viel hab ich schon in diesem Sport, auch mit diesem Verein mitgemacht. Gerade dieses
Pech -Samstag 16.Mai 1992 - klingt bei meinen persönlichen Erinnerungen nach. Vielleicht gibt es
doch einen Fußballgott – irgendwie rechnet sich alles wieder auf. Und wer in der Hölle war darf auch
mal wieder den Himmel sehen. Und ich konnte diesen Sensations-Aufstieg der Eintracht nicht
begreifen.
Wie waren wir doch vor der Saison gewogen wurden. Absteiger Nummer 1, Scheiss Not-
Trainer, keine Mannschaft, kein Team, wer weiß was die noch so machen… Selbst die lokale Presse
schrieb uns höchstens einen 6.Tabellenplatz (aber nur wen alles optimal läuft) zu. Und deshalb ist
dieser Aufstieg einer der größten Leistungen welche eine Mannschaft der Frankfurter Eintracht je
vollbracht hat.
Unglaubliche Momente erlebte ich da noch im Frankfurter Regen. Menschen, welche sich
vorher nie gesehen haben mussten sich die Tatsache der Sensation erklären, lagen sich in den
Armen, feierten ganz einfach. Nach einem großem Regen kam dann auch die Mannschaft auf den
Balkon des Römers, 15000 Leute, nass, glücklich jubelten. Eine Träne der Ereignisse vor einem Jahr,
als der Vizeweltmeister hier gefeiert wurde – nein - heute war es Eintracht Frankfurt.
Und es ging weiter, im „Deutschem Haus“, in der „Batschkapp“ und natürlich in Alt-
Sachsenhausen. Nie habe ich so eine sympathische Feier erlebt – es war einfach schön. Der
Äppelwoi floss und man umarmte sich, man feierte und war ganz einfach glücklich doch noch diese
Sensation geschafft zu haben. Unklar, aber es ist nun mal der geilste Verein der Welt – SG Eintracht
Frankfurt – 1.Bundesliga
Irgendwann im August, an einem Samstag (!) werde ich mich wieder in eine S8 von
Wiesbaden nach Sportfeld setzen, und dann kommt dann die Station MZ Hbf und ich denke mal
scharf nach – in welcher Liga spielen die überhaupt. So ging’s mir viele Jahre und wird es wieder so
sein. Ich verbiete mir hier ein Urteil über die Mannschaft von der anderen Seite, über Glück und Pech,
über Dummheit und Fairness. In den letzten Tagen ist zuviel zerschlagen wurden.
Wie sang doch mal BAP – „Schönen Gruss an all die unfehlbar sind…“
Dank allen Leuten die mitgeholfen haben, insbesondere meinem Matzi von seinem Stern
(inzwischen hat er Gaff zur Mithilfe aufgenommen), natürlich Willi Reimann und meiner lieben Auguste
Messinger!